Wir trauern um Rosel Werl

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Die VOS Bezirksgruppe Chemnitz –Stollberg – Hohenstein-Ernstthal und der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. trauern um Zeitzeugin Rosel Werl.

Rosel Werl setzte sich viele Jahre für die Opfer von Diktatur und Verfolgung ein. Von 1987 an war sie in der VOS Stuttgart tätig, 1990 trat sie dem Frauenkreis ehemaliger Hoheneckerinnen bei und 15 Jahre wirkte sie im Stiftungsbeirat der Stiftung Sächsische Gedenkstätten. Sie engagierte sich für den Aufbau der Gedenkstätte Frauenzuchthaus Hoheneck und unterstützte den Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. als Zeitzeugin. Rosel Werl verstarb am 25. Juli 2019. Sie wird uns sehr fehlen. Unsere Gedanken sind bei ihrem Mann und ihrem Sohn.

Im August 1983 wurde Rosel Werl über das Kaßberg-Gefängnis freigekauft. Im November 1982 verurteilte die SED-Justiz sie zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und drei Monaten wegen „landesverräterischer Nachrichtenübermittlung“. Die gebürtige Thüringerin verliebte sich 1978 während eines Urlaubes in Ungarn in einen westdeutschen Mann. Ab 1981 stellte sie mehrere Ausreiseanträge, doch Rosel Werl durfte die DDR nicht verlassen. Das Ministerium für Staatssicherheit überwachte die junge Frau und verhörte sie, nachdem sich das Paar bei einem Fußballspiel in Ostberlin getroffen hatte. Im Dezember 1981 wurde ihr Personalausweis durch den „PM 12“ ersetzt. Im Mai 1982 verfasste Rosel Werl einen Brief an Innenminister Friedrich Dickel. Sie suchte trotz Verbot die bundesdeutsche Botschaft in Berlin auf und bat auch Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Vogel um Hilfe bei ihrer Ausreise. Am 15. Juni 1982 holten MfS-Mitarbeiter Rosel Werl von der Arbeit zur „Klärung eines Sachverhaltes“. Ein halbes Jahr befand sie sich in Untersuchungshaft. Nach dem Urteil am 11. November 1982 erfolgte der Haftantritt in Hoheneck. Das Kaßberg-Gefängnis erreichte sie am 1. August 1983. Nach dem Freikauf in die Bundesrepublik zog sie zu ihrem Freund in die Nähe von Stuttgart. Sie heirateten und bekamen einen Sohn.

Im Februar dieses Jahres bekam sie von Hugo Diederich, Bundesvorstand der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS), das Ehrenabzeichen mit Goldkranz der VOS für ihren jahrelangen und unermüdlichen Einsatz verliehen, den Verstorbenen des anonymen Massengrabes Nr. 18 in Chemnitz ihre Namen wiederzugeben. In dem Gemeinschaftsgrab auf dem Friedhof in der Reichenhainer Straße liegen die Urnen von 136 Menschen, die zwischen 1950 und 1954 in den Haftanstalten Waldheim und Hoheneck an den entsetzlichen Haftbedingungen starben. Dank der Initiative von Rosel Werl, der Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. und der Stiftung Sächsische Gedenkstätten gibt es nun eine Grabplatte mit den Namen der Verstorbenen. Der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. beteiligte sich an der Ausrichtung der würdigen Einweihung der Namenstafel am Ehrengrab.

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