Staatsanwältinnen und Staatsanwälte aus der Tschechischen Repubik besuchten gestern Nachmittag gemeinsam mit Chemnitzer Kollegen das ehemalige Kaßberg-Gefängnis. Die Juristinnen und Juristen aus Ústí nad Labem, Teplice, Děčín und Česká Lípa absolvieren gegenwärtig eine der regelmäßigen wechselseitigen Hospitationen zwischen den Strafverfolgungsbehörden im Norden Tschechiens und in Sachsen im Rahmen eines EU-Programms. Bei einem Rundgang gaben unser Zeitzeuge Hartmut Leimcke sowie unsere wissenschaftlichen Mitarbeitenden Dr. Steffi Lehmann und Robert Schröpfer Auskunft über die doppelte Diktaturgeschichte des ehemaligen Gefängnisses und den entstehenden Lern- und Gedenkort. Hartmut Leimcke berichtete von den Umständen seiner missglückten Flucht aus der DDR und der anschließenden Untersuchungshaft.
Gemeinsam mit zwei Bekannten hatte der damalige Berufsschüler im April 1970 über die Tschechoslowakei in die Bundesrepublik gelangen wollen. Ein für die Jugendlichen vertrauenswürdig aussehender Mann, den sie im tschechischen Grenzort Vejprty (Weipert) im Erzgebirge nach dem Weg gefragt hatten, führte sie jedoch zum nächsten Posten. Mit 17 Jahren kam Hartmut Leimcke ins Kaßberg-Gefängnis und später in die Jugendstrafanstalt Ichtershausen. Er wurde wegen „ungesetzlichem Grenzübertritt“ zu 14 Monaten Freiheitsstrafe verurteilt und im Januar 1971 vorzeitig auf Bewährung freigelassen.
Unser Foto zeigt Hartmut Leimcke (Mitte) und Dr. Steffi Lehmann (links von ihm) mit unseren Gästen.
Wir danken Herrn Staatsanwalt Bach für die freundliche Anfrage und den begleitenden Dolmetscherinnen. Die Staatsanwaltschaft Chemnitz mit Sitz im Justizzentrum Chemnitz ist einer unserer Nachbarn auf dem vorderen Kaßberg.