Gemeinsames Gedenken an den Volksaufstand vom 17. Juni 1953

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Am 17. Juni 2019 lud die Vereinigung der Opfer des Stalinismus e.V. (VOS) um 11 Uhr zur alljährlichen Gedenkveranstaltung anlässlich des niedergeschlagenen Volksaufstandes vom Juni 1953. Seit vielen Jahren richten VOS und der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. zusammen die Gedenkveranstaltung zu diesem geschichtsträchtigen Tag aus, der den Menschen in der DDR verdeutlichte, wie die SED-Führung mit Kritik und freiheitlich-demokratischen Bestrebungen umzugehen vermochte. Holker Thierfeld, Vorsitzender der VOS-Bezirksgruppe Chemnitz – Stollberg – Hohenstein-Ernstthal, betonte in seiner Rede: „Wir möchten heute, anlässlich des 17. Juni, gemeinsam allen politischen Opfern der SED-Herrschaft in der Sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR gedenken und auch jene in unsere Gedanken und Gebete einschließen, die bis heute von Diktatur und Gewaltherrschaft unterjocht sind.“

Die VOS und der Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V. erinnerten nach der Kranzniederlegung an der Stele an Kameradin Lenchen Köhler. Sie verstarb im Februar dieses Jahres. Sie unterstützte die Vereinsarbeit seit deren Bestehen aktiv. Ein großer Dank richtete sich auch an Annemarie Krause. Sie ist die einzige Zeitzeugin, die uns noch Auskunft darüber geben kann, was sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges hinter den hohen Mauern des Kaßberg-Gefängnisses zugetragen hat, als der sowjetische Geheimdienst den Haftort auch zur Internierung politisch Andersdenkender und denunzierter junger Menschen nutzte.

Anlässlich des 17. Juni sprachen Herr Bürgermeister Schulze, Herr Pastor Millard von der Freien Evangelischen Gemeinde, Herr Christian Kempe (Fraktionsgemeinschaft CDU/FDP) und Kamerad Peter Liebaug zu den anwesenden Gästen, darunter viele Kameradinnen und Kameraden.

Am Abend des 17. Juni fand im Weltecho die Lesung „Dann bin ich doch im Westen“ mit Petra Weise statt. Sie las aus ihrem autobiografischen Buch „Ein halbes Leben“. Bei der Lesung ging sie zunächst eindrücklich auf die Beweggründe ein, die sie und ihren Mann zur Flucht aus der DDR veranlassten. Das Ehepaar wagte 1980 die Flucht über Bulgarien nach Jugoslawien, damit ihre Tochter die lebensnotwendige medizinische Versorgung erhalten konnte, derer sich die DDR-Behörden verweigerten.

Petra Weise war vier Monate in der Stasi-Untersuchungshaftanstalt Berlin-Pankow und acht Monate im Frauenzuchthaus Hoheneck (Stollberg) inhaftiert. Die Veranstaltung endete mit dem Kapitel über den Freikauf durch die Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Vom Kaßberg-Gefängnis aus gelangten sie und ihr Ehemann 1981 in das hessische Notaufnahmelager Gießen. Anschließend konnten sich die Gäste mit Fragen an die Autorin wenden, bevor sie von ihren Eindrücken im Herbst 1989 berichtete. In ihrem Schlussort sprach sich Frau Weise vor allem für Eines aus: Toleranz. Die Veranstaltung wurde gefördert durch den Lokalen Aktionsplan der Stadt Chemnitz.

Wir danken allen, die dazu beigetragen haben, die Erinnerung an den 17. Juni 1953 im 30. Jahr des Mauerfalls wachzuhalten und sich damit für eine lebendige Erinnerungskultur in unserer Stadt einsetzen.

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