Andreas Neudert wurde 1964 im Erzgebirge geboren.

Welchen Bezug hat der Zeitzeuge zum Kaßberg-Gefängnis?

Nach einem missglückten Fluchtversuch über die innerdeutsche Grenze befand sich Andreas Neudert von Anfang Oktober 1988 bis Ende Januar 1989 auf dem Kaßberg in Untersuchungshaft der DDR-Staatssicherheit.

Kurzbiografie

Andreas Neudert interessierte sich früh für Wintersport und entdeckte bald den Rennsport für sich. Aus dem Hobby wurde bald eine Obsession. Er nahm nach dem Schulabschluss an diversen Rennen teil und ließ die Konkurrenz weit hinter sich. 1985 war sein erfolgreichstes Jahr im Motorsport, er wurde DDR-Bester der Klasse 125 ccm Ausweis und durch weitere gute Platzierungen in die Nationalmannschaft nominiert. Er steckte jede verdiente Mark in seine Rennmaschine, eine staatliche Unterstützung erhielt er nicht, weil er, so sagt er rückblickend, nicht im „richtigen“ Verein und auch kein SED-Mitglied war. Irgendwann konnte er mit der Konkurrenz nicht mehr mithalten und musste seinen geliebten Motorradrennsport schließlich aus finanziellen Gründen und ohne jegliche Chance auf Erwerb von konkurrenzfähigem Material aufgeben. 1986 verweigerte er die Teilnahme an der Volkskammerwahl, daraufhin wurde er als Mitglied des Nationalkaders von internationalen Rennen gestrichen. Seine in der Schulzeit erklärte dreijährige Verpflichtung bei der NVA (Nationalen Volksarmee) nahm er während der Ausbildungszeit zurück.  

Im Januar 1988 stellte er einen Antrag auf Übersiedlung in die Bundesrepublik. Da mit dem Antrag seitens der Behörden lange nichts passierte, entschloss sich Andreas Neudert zu einem Fluchtversuch. Am 7. Oktober 1988 – dem „Republikgeburtstag“ – wurde er beim Versuch verhaftet, die Grenzanlagen mit einer selbstgefertigten Steckleiter zu überwinden. Von Oktober 1988 bis Januar 1989 befand sich der junge Mann in der Untersuchungshaftanstalt auf dem Kaßberg. Im Dezember 1988 erhielt er eine zehnmonatige Freiheitsstrafe und kam im Januar 1989 zum Strafvollzug in das sogenannte Jugendhaus Halle. „Jugendhaus“ war in der DDR die beschönigende Bezeichnung für Jugendstrafanstalt. Dort erlebte der damals 25-Jährige die Friedliche Revolution hinter Gittern. Am 15. November kam er durch eine Amnestie frei und machte sich nur wenige Tage später auf nach West-Berlin.

Heute lebt er wieder im Erzgebirge und engagiert sich als Zeitzeuge und Vorstandsmitglied im Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis.

Unsere Fotos zeigen Andreas Neudert im September 2024 oben in der einstigen Hafthalle des früheren Hafttrakts B und unten in unserer Dauerausstellung im Kontextbereich zur Untersuchungshaft im zweiten Obergeschoss.

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