Mit Reymar von Wedel und Ludwig A. Rehlinger sind in den vergangenen Wochen zwei wichtige Protagonisten des Häftlingsfreikaufs aus der DDR auf bundesdeutscher Seite verstorben. Der frühere Kirchenanwalt Reymar von Wedel starb am 15. Januar in Kleinmachnow bei Berlin im Alter von 96 Jahren. Der West-Berliner Jurist, geboren 1926 in Belgard/Pommern, hatte ab 1954 in Kirchendiensten gestanden und setzte sich ab 1961 als persönlicher Referent, später freier Rechtsanwalt und Notar im Auftrag des damaligen Propstes von Brandenburg und Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie späteren Bischofs von Berlin-Brandenburg Kurt Scharf für inhaftierte Christinnen und Christen in der DDR sowie im Zuge des Häftlingsfreikaufs für politische Gefangene im Allgemeinen ein. Dabei hatte er es insbesondere mit dem Ost-Berliner Unterhändler Wolfgang Vogel zu tun.
Am 28. März verstarb mit Ludwig A. Rehlinger in Eichwalde bei Berlin im Alter von 95 Jahren eine weitere Schlüsselfigur auf westdeutscher Seite. Rehlinger, geboren 1927 in Berlin und ebenfalls Jurist, war 1957 ins damalige Ministerium für Gesamtdeutsche Fragen eingetreten, wurde 1962/63 Leiter des Ministerbüros unter Rainer Barzel und anschließend bis 1969 Referatsleiter „Politische Angelegenheiten Berlins“ sowie Fachreferent für die „Besonderen Bemühungen der Bundesregierung im humanitären Bereich“, zu denen der Häftlingsfreikauf zählte. Er organisierte den ersten Freikauf auf westlicher Seite und wirkte persönlich an der damaligen Bargeldübergabe mit. In der Folge wählte er unter anderem jene Personen aus, deren Freilassung der Bundesregierung besonders dringlich erschien. Von 1982 bis 1988 war der CDU-Politiker als Staatssekretär erneut verantwortlich für die „Besonderen Bemühungen“, bevor er 1988/89 das Justizressort im (West-)Berliner Senat übernahm.
So ambivalent der Häftlingsfreikauf mit den Devisenzahlungen an das Regime und der Sorge, womöglich Anreize für erhöhte Verhaftetenzahlen zu schaffen, war – den mehr als 33.000 betroffenen politischen Gefangenen, darunter auch Zeitzeuginnen und Zeitzeugen unseres Vereins, eröffnete er den Weg aus der Haft in die Freiheit. Sie verdanken Persönlichkeiten wie Reymar von Wedel und Ludwig A. Rehlinger viel. „Wer sich an uns gewandt hat, dem haben wir versucht zu helfen“, so erinnerte sich Reymar von Wedel später. Und Ludwig A. Rehlinger formulierte im Rückblick: „Die Menschen, die wir freigekauft haben, waren weder moralisch noch juristisch schuldig. Wir konnten viele retten und ihnen zu einem neuen Anfang verhelfen. Von der Moral her waren wir auf der richtigen Seite. Meinem DDR-Verhandlungspartner Wolfgang Vogel dagegen war durchaus klar, dass er auf der schlechteren Seite saß.“
Ein Porträt von Günter Jeschonnek über Reymar von Wedel aus dem Jahr 2020 finden Sie auf der Internetseite des Deutschlandfunks, einen Nachruf des Historikers Dr. Jan Philipp Wölbern auf Ludwig A. Rehlinger auf der Website der Konrad-Adenauer-Stiftung.
Die Fotos zeigen Reymar von Wedel (l.) beim Zeitzeugeninterview für die Dauerausstellung unseres künftigen Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis sowie Ludwig A. Rehlinger 1988 in Bonn. Bildquellen: eigenes Foto/Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V., Wikipedia/Bundesarchiv/B 145 Bild-F078497-0008/Engelbert Reineke/CC-BY-SA 3.0