„Sportsfreund Lötzsch“

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Öffentliche Filmvorführung und Diskussion mit dem DDR-Radprofi Wolfgang Lötzsch am 21.3.18 in den Räumen der JVA Waldheim

3000 – 5000 Kniebeuge pro Tag und 500 Liegestütze: nur so konnte sich der junge Radsportler Wolfgang Lötzsch in seiner 8 m² großen Haftzelle einigermaßen über Wasser halten. Für einen durchtrainierten Sportler ist es eine medizinische Katastrophe, wenn man plötzlich der gewohnten Belastungsreize beraubt ist, aber das war der Stasi egal.

Wolfgang Lötzsch beantwortet Fragen aus dem Publikum, Moderator Thomas Purschke (v.l.n.r)

Der talentierte junge Radrennfahrer (Olympiaanwärter) hatte zuvor Leistungswerte geliefert, die denen des legendären „Täve“ Schur gleich kamen. Allerdings galt er als ideologisch unzuverlässig. Den geforderten Eintritt in die SED hatte er verweigert, und es war nur seinem Trainer zu verdanken, dass damit seine Erfolgsgeschichte nicht gleich zu Ende war. Als er aber nach einem Polterabend von einer Polizeistreife aufgegriffen wurde, der gegenüber er seinen politischen Unmut äußerte, war für die Stasi das Maß voll.

Als Wolfgang Lötzsch nach 10 Monaten Haft auf dem Kaßberg wieder frei kam, war es mit der Karriere vorbei. Zwar fuhr er noch immer Spitzenzeiten, aber die Sportfunktionäre verhinderten seinen erneuten Aufstieg. Stattdessen wurde er permanent überwacht.

Heute trainiert Lötzsch junge Rasportler und führt Besucher durch das ehemalige Kaßberg-Gefängnis. Er warnt eindringlich davor, diktatorischen Bestrebungen auch nur ansatzweise Raum zu geben.

Text: Dr. Eva-Maria Zehrer (Sächsische Landeszentrale für politische Bildung)
Fotos: Steffi Lehmann (Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis e.V.)

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