Über 1500 Besucher, Johnny Cash und ein Gewittersturm

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Die Chemnitzer Museumsnacht 2015 endete um 01.00 Uhr im Kaßberggefängnis mit dem mittlerweile üblichen Ergebnis: stundenlanges Warten um einmal einen Blick in ein Gefängnis werfen zu dürfen. Alles wie immer also! Oder doch nicht? Nun, in diesem Jahr gab es Musik von Johnny Cash, um die Wartezeit zu überbrücken, und die Würstchen kamen von Emmas Onkel. Ich persönlich habe davon wenig mitbekommen, genauso wie von dem Gewittersturm. Zwei Mal hallte der Donner durch Block C. Es konnte eigentlich nur von draußen kommen. Besucher erzählten mir auch von einem kräftigen Regenschauer. Dies alles meine ich nicht.

Ich glaube bemerkt zu haben, dass sich in diesem Jahr die Besucher verändert haben. Ich hatte das Gefühl, dass der Anteil der Besucher, die in den Medien gerne als „bildungsfern“ beschrieben werden, größer geworden ist. Eine Herausforderung für alle Vereinsmitglieder, die als „Museumsführer auf Zeit“ arbeiteten. Mir war mehr als einmal mulmig, als ich meine Besuchergruppe das erste Mal sah. Zu unrecht, wie ich hier nachdrücklich feststellen will. Ich war überrascht und beeindruckt, wie sich die Besucher in ihrer Haltung während des halbstündigen Rundgangs veränderten. Nahezu immer folgten sie mit zunehmender Aufmerksamkeit den Geschichten über Sabine Popp, Wolfgang Lötzsch und Maik Reinhardt. Häufig glaubte ich den Besuchern richtig ansehen zu können, wie sie darüber nachdachten, wie Sie mit den psychischen Folgen der Haftbedingungen klar gekommen wären.

Am Ende der Nacht hatte ich das Gefühl irgendwie auch einen Beitrag zur Demokratieerziehung geleistet zu haben. Das fand ich in Zeiten, in denen zum Beispiel eine Bewegung wie Pegida uns über die Art und Weise wie wir Leben wollen nachdenken lässt, für mich persönlich außerordentlich befriedigend.

Vielleicht kämen ja noch mehr Besucher, wenn man nicht bei der Museumsnacht stundenlang anstehen müsste. Vielleicht kämen noch mehr „andere Besucher“, die einfach mal nur einen Blick in ein Gefängnis werfen wollen und mit überraschenden Erkenntnissen diese wieder verlassen. Vielleicht ist diese Erkenntnis ja hilfreich, die Einrichtung eines Gedenkortes zu befördern. Vielleicht denkt man beim Gebäudeeigentümer (Freistaat Sachsen), im Rathaus der Stadt Chemnitz und bei der Stiftung Sächsischer Gedenkstätten auch darüber noch einmal nach.

(Text: R. Langhoff / Die Fotos entstanden während der Museumsnacht 2013)

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