Zeitzeuge berichtet

Besuch aus Schleswig-Holstein hatte heute Vormittag unser Gedenkort an der Außenmauer des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses. Zeitzeuge Dr. Ulrich Müller informierte sich über den künftigen Lern- und Gedenkort sowie den aktuellen Baustand. Außerdem stellte er unserem Verein verschiedene Dokumente zur Verfügung, die in Zusammenhang mit seiner missglückten Flucht aus der DDR und seinem Freikauf aus der Haft durch die Bundesrepublik stehen. Seine Geschichte, protokolliert von unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Robert Schröpfer, ist ab jetzt im Zeitzeugenbereich auf der Website unseres Vereins nachzulesen.

„Dr. Ulrich Müller wollte die DDR 1973 gemeinsam mit seiner Familie und weiteren Angehörigen verlassen. Mit Unterstützung bezahlter Fluchthelfer sollten er, seine damalige Frau und die gemeinsame Tochter, außerdem eine Schwester seiner Frau, deren Mann und beider Kind sowie die Schwiegermutter im Mai von Warschau nach Budapest fliegen und an Bord westdeutsche Pässe bekommen. Von dort, so der Plan, sollten die sieben Familienmitglieder als vermeintliche Bundesbürger nach Helsinki und schließlich Frankfurt am Main weiterfliegen.

Das Vorhaben scheiterte jedoch. Kurz vor dem geplanten Termin war im April in Warschau eine andere Familie aus der DDR, die ebenfalls die vorgesehene Route nehmen wollte, festgenommen worden – und mit ihr der Fluchthelfer, der der Kontaktmann für Ulrich Müller und seine Angehörigen war. Bei einem Treffen mit einem Kurier in Ost-Berlin kurz darauf bemerkte Dr. Müller, wie ihn ein Touristenpaar fotografierte und ihm anschließend folgte. Es gelang ihm zwar, die beiden abzuschütteln. Aber die Staatssicherheit, so entnahm er später den Akten, begann in der Folge, nach einer jungen Arztfamilie im Bezirk Rostock zu fahnden.“

Unsere Fotos zeigen oben Dr. Ulrich Müller bei seinem Besuch am Gedenkort sowie unten eine Auflistung der Staatssicherheit von Medizinern mit den Namen Müller oder Schmidt im damaligen Bezirk Rostock von Ende Mai 1973, die die Stasi offenbar bei der Suche nach Dr. Müller und seiner Familie benutzte. Zum vollständigen Beitrag im Zeitzeugenbereich unserer Website gelangen Sie, wenn Sie hier klicken.

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