
Gemeinsam mit 20 Mitgliedern des Sächsischen Lehrerverbands aus dem Kreisverband Chemnitz-Land war gestern Hermann Brudner, Sohn des Holocaust-Überlebenden und ehemaligen Kaßberg-Gefangenen Max Brudner, in unserem Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis zu Gast. In einer Führung mit unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Robert Schröpfer informierten sich die Besucherinnen und Besucher über die doppelte Diktaturgeschichte des einstigen politischen Haftorts und die Gedenkstättenkonzeption. Anschließend sahen die Gäste gemeinsam einen Auszug aus einer Film-Dokumentation über den Chemnitzer Holocaust-Überlebenden Justin Sonder, dessen Schicksal mit dem Max Brudners eng verbunden war, und kamen mit Hermann Brudner über seinen Vater ins Gespräch.
Max Brudner, 1909 in eine jüdische Familie in Wilna (Vilnius) geboren, war 1910 als Kleinkind mit seiner Familie nach Leipzig und 1914 nach Chemnitz gekommen. Als junger Mann war er als Handlungsreisender tätig, bis ihm die Nationalsozialisten 1936 das Gewerbe verboten. 1938 wurde Max Brudner, der in den 1920er-Jahren in der Sozialistischen Arbeiterjugend aktiv war, als „politisch unzuverlässiger Jude“ ohne Urteil im Kaßberg-Gefängnis inhaftiert und von dort ins Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. 1941 wurde er ins Konzentrationslager Groß-Rosen, 1942 ins Konzentrationslager Auschwitz (Stammlager) und Monowitz (Lager Buna) verschleppt. Dort rettete er seinem Mithäftling Justin Sonder das Leben.
Im Zuge der Räumung des Konzentrationslagers Auschwitz wurde Max Brudner 1945 auf einen Todesmarsch nach Gleiwitz und ins Lager Mittelbau-Dora geschickt. Am 2. Mai 1945 wurden Max Brudner und andere überlebende Häftlinge in der Nähe von Malchin (Mecklenburg) von alliierten Soldaten befreit. Max Brudner hatte insgesamt sechseinhalb Jahre in Haft verbracht. Seine Schwester Margarete Brudner überlebte ebenfalls, seine Mutter Rosa Brudner und sein Bruder Hermann Brudner und dessen Familie nicht. In der DDR setzte sich Max Brudner für die Erinnerung an den Holocaust ein und trat bei Prozessen gegen NS-Täter als Zeuge auf. Er verstarb 1971 in Karl-Marx-Stadt.
Die Rolle der Musik für das Überleben von Max Brudner und seine Rückkehr nach Chemnitz, aber auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit Schulklassen waren weitere Themen des Gesprächs.
Unsere Fotos zeigen oben Hermann Brudner (r.) mit Besucherinnen und Besuchern im biografischen Ausstellungsbereich über seinen Vater und unten die Reproduktion einer Ölkreidezeichnung, die der Mithäftling Julo Levin 1943 in Auschwitz von Max Brudner anfertigte. Der Maler wurde wenig später ermordet.
Wir danken Hermann Brudner sowie Gabriele Uhrin und Marion Ocanik vom SLV-Kreisverband Chemnitz-Land für die freundliche Zusammenarbeit.
