Zeitzeuge im Gespräch

Mit einer Führung und einem Zeitzeugengespräch hat sich unser Verein am vergangenen Samstag am Kick-off für den neuen Jahrgang des Geschichtsprojekts „Spurensuche“ der Sächsischen Jugendstiftung in Chemnitz beteiligt. Im Gespräch mit der Leiterin unseres entstehenden Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis, Dr. Steffi Lehmann, informierten sich 18 Jugendliche, ihre Teamleiterinnen und -leiter über die doppelte Diktaturgeschichte des ehemaligen politischen Haftorts, den Häftlingsfreikauf aus der DDR und die Gedenkstättenkonzeption. Höhepunkt war ein Zeitzeugengespräch mit Alexander Heise, der von seinem missglückten Fluchtversuch über Ungarn 1986 und der anschließenden Haft berichtete.

Nach der Festnahme in einem Waldstück nahe Sopron folgten für den damals 18-Jährigen Haftstationen in Györ und Budapest, bevor er in einem Flugzeug zurück in die DDR und in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Erfurt gebracht wurde. In Eisenach wurde er wegen „ungesetzlichen Grenzübertritts“ zu einem Jahr Freiheitsentzug verurteilt. Alexander Heise kam nach Karl-Marx-Stadt in den Strafvollzug auf der Reichenhainer Straße, wo er seinen 19. Geburtstag erlebte. Im März 1987 wurde er – für ihn völlig überraschend – ins Kaßberg-Gefängnis verlegt. Er verließ den Gefängnishof im April 1987 im Bus und begann auf sich allein gestellt ein Leben in Freiheit in der Bundesrepublik. Seine Aufforderung an die Jugendlichen: „Ihr müsst auf die Demokratie aufpassen und sie gegen Angriffe von rechts und links verteidigen.“

Insgesamt waren am Wochenende 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem gesamten Bundesland zur Auftaktveranstaltung der „Spurensuche“ nach Chemnitz gekommen. In den kommenden Wochen setzen sie sich in verschiedenen lokalen Projekten mit Themen der Zeitgeschichte auseinander.

Unsere Fotos zeigen oben Dr. Steffi Lehmann und Alexander Heise mit unseren Gästen am Gedenkort an der Außenmauer des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses, unten Alexander Heise und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Zeitzeugengespräch in der Jugendherberge Chemnitz „Eins“.

Das Zeitzeugengespräch wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Susanne Kuban, Programmleiterin „Spurensuche“ der Sächsischen Jugendstiftung, für die freundliche Einladung.

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