Zeitzeuge im Gespräch

Wie kamen Sie auf die Idee, mit einem Ballon fliehen zu wollen? Gab es einen bestimmten Anlass, der Ihren Fluchtwunsch ausgelöst hat? Wie haben Sie die andere Familie gefunden, mit der Sie und Ihre Angehörigen dann gemeinsam geflohen sind? Um Fragen wie diese ging es gestern Nachmittag bei einem Zeitzeugengespräch im Kinosaal des Chemnitzer Clubs „Weltecho“, zu dem – moderiert von unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Steffi Lehmann – unser Verein den Zeitzeugen Günter Wetzel und die Klasse 8d der Rudolf-Hildebrand-Schule Markleeberg zusammengebracht hatte. Zuvor hatten die Schülerinnen und Schüler den Spielfilm „Ballon“ von Regisseur Michael Bully Herbig aus dem Jahr 2018 gesehen, der auf der spektakulären Flucht Günter Wetzels mit seiner eigenen und einer befreundeten Familie in den Westen basiert.

Gemeinsam mit dem Elektriker Peter Strelzyk hatte der damals 22-jährige Berufskraftfahrer aus dem ostthüringischen Pößneck Ende der 70er-Jahre nach eigenen Berechnungen einen Heißluftballon konstruiert, Gondel und Flammenwerfer gebaut und aus Stoffbahnen eine hunderte Quadratmeter große Ballonhülle genäht. War im Juli 1979 ein erster Fluchtversuch, den Familie Strelzyk aus Platzgründen noch allein unternommen hatte, mit einer Bruchlandung vor der innerdeutschen Grenze geendet, schafften es beide Familien – vier Erwachsene, vier Kinder – im September 1979 mit einem zweiten, dann gemeinsamen Versuch in einem größeren Ballon bis hinüber nach Oberfranken. Die Staatssicherheit war den Ausreisewilligen dabei aufgrund des entdeckten Landeplatzes des ersten Versuchs nicht nur im Film, sondern auch in der Wirklichkeit dicht auf den Fersen. Hätten die Fluchtwilligen nur wenige Tage gezögert, wären sie mit großer Wahrscheinlichkeit aufgedeckt und festgenommen worden.

Dass viele ähnliche Versuche, aus der DDR in die Bundesrepublik zu gelangen, missglückten, dessen ist sich Günter Wetzel bewusst. Was hätten Sie getan, so wollten die Schülerinnen und Schüler wissen, wenn Ihr Ballon nicht im Westen, sondern noch in der DDR gelandet wäre? „Dafür hatten wir keinen Plan“, antwortete Günter Wetzel. „Darüber hätten andere entschieden.“

Unsere Fotos zeigen Günter Wetzel mit unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Steffi Lehmann auf dem Podium sowie im Gruppenbild gemeinsam mit einem Teil unserer Gäste. Zur Website des Zeitzeugen gelangen Sie hier, den Trailer zum Spielfilm finden Sie hier auf YouTube.

Die Veranstaltung wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtags beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Herrn Joachim und Frau Wolke von der Rudolf-Hildebrand-Schule Markleeberg sowie dem Weltecho-Team.

Link teilen