Zeitzeugenbesuch aus Berlin hatte heute unser Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. Peter Bieber war mit seiner Frau, Sabine Pinske-Bieber, und Freunden nach Chemnitz gekommen, um unseren neuen Lernort im früheren Hafttrakt B und unsere ebenfalls neu entstandene Dauerausstellung zu sehen. Der damalige Student des Bibliothekswesens der Universität Leipzig, geboren 1945 in Königsberg, hatte nach 1968 vier glücklose Fluchtversuche unternommen, die jedoch unentdeckt geblieben waren, wie er berichtete. Beim fünften brachte ihn 1970 ein Lkw-Fahrer aus dem Westen, versteckt in einem Schrank, über die Transitstrecke aus der DDR ins Bundesgebiet. Peter Bieber nahm im Westteil Berlins ein Studium der Rechtswissenschaften auf – und engagierte sich ab Juni 1972 selbst als Fluchthelfer. Insgesamt elf Menschen verhalf er aus der DDR in die Freiheit, bis er im Oktober 1972 nach einem Verrat von der Staatssicherheit am Grenzübergang Drewitz/Dreilinden verhaftet wurde.
Peter Bieber kam in die Stasi-Untersuchungshaftanstalten Berlin-Pankow und -Hohenschönhausen, bevor ihn ein DDR-Gericht wegen angeblichen „staatsfeindlichen Menschenhandels“ und „Republikflucht“ im Oktober 1973 zu zehn Jahren Freiheitsentzug verurteilte. Zum Strafvollzug wurde er über Berlin-Rummelsburg nach Brandenburg gebracht. Nach insgesamt fünf Jahren Haft wurde er im Juni 1977 im Rahmen des Häftlingsfreikaufs aus der DDR über den Kaßberg in die Bundesrepublik entlassen. Heute engagiert sich Peter Bieber als Zeitzeuge in Schulen und in der Gedenkstätte Lindenstraße in Potsdam.
Unsere Fotos zeigen Peter Bieber oben in unserer Dauerausstellung, außerdem unten gemeinsam mit seiner Ehefrau, Sabine Pinske-Bieber (2.v.r.), sowie Mechthild Horn (r.) und Bogdan Horn im Gespräch mit unserer wissenschaftlichen Leiterin Dr. Steffi Lehmann (2.v.l.) und unserer Praktikantin Helene Grover.