Besuch aus Chile und dem Erzgebirge hatte heute unser Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. Zeitzeuge Michael Arnold war, begleitet von seiner Mutter Hanna Arnold, seiner Frau Carolina de la Noi und seinem Bruder Jens Arnold, nach Chemnitz gekommen, um unseren neuen Lernort im früheren Hafttrakt B und unsere ebenfalls neu entstandene Dauerausstellung zu besuchen. Gegenwärtig verbringen er und seine Frau den Sommerurlaub bei seiner Familie im Erzgebirge. Der Bergbauingenieur, Jahrgang 1957, hatte im November 1988 aus der DDR über Ungarn in den Westen gelangen wollen – entweder, so sein Plan, durch Flucht in die dänische Botschaft oder über die jugoslawische Grenze.
Schon beim Halt des Zuges Richtung Budapest am Grenzbahnhof Bad Schandau wurde er kontrolliert und festgenommen. Im Gepäck hatten sich Zeugnisse und weitere Unterlagen befunden. Anschließend wurde Michael Arnold über Dresden in die Untersuchungshaftanstalt der Staatssicherheit in Karl-Marx-Stadt gebracht. Ein Gericht verurteilte ihn im Februar 1989 wegen angeblichen versuchten „ungesetzlichen Grenzübertritts“ und „feindlicher Verbindungsaufnahme“ zu einem Jahr und zehn Monaten Haft, die er in der Reichenhainer Straße antreten musste. Im Juli 1989 wurde er im Rahmen des Häftlingsfreikaufs aus der DDR über den Kaßberg in die Bundesrepublik entlassen.
Michael Arnold ließ sich zunächst in Nordrhein-Westfalen nieder, wo er wieder in seinem Beruf arbeitete. 2004 ging er aus Interesse an spanischsprachigen Ländern nach Chile und lernte seine Frau kennen. Beide leben in Viña del Mar. Michael Arnold ist dort in der Tourismusbranche („The German Pirates“) tätig.
Unser Foto zeigt Zeitzeuge Michael Arnold, seine Frau Carolina de la Noi, seine Mutter Hanna Arnold und seinen Bruder Jens Arnold (v.l.) in der früheren Hafthalle in unserem Lernort. Auch Hanna Arnold verbindet mit dem Kaßberg-Gefängnis eigene Erinnerungen. Sie bekam mindestens einmal die Erlaubnis, ihren Sohn in der Untersuchungshaft zu besuchen.
