Daniel Zahm wurde im August 1969 in Zwickau geboren.

Welchen Bezug hat der Zeitzeuge zum Kaßberg-Gefängnis?

Das Kreisgericht Karl-Marx-Stadt (Mitte/Nord) verurteilte ihn zwei Tage vor seinem 18. Geburtstag 1987 mit vier Freunden zu je fünf Monaten Freiheitsentzug wegen „Rowdytums“. Er befand sich ab Juli 1987 auf dem Kaßberg in MfS-Untersuchungshaft.

Kurzbiografie

Daniel Zahm wuchs bei seiner alleinerziehenden Mutter auf und begann nach dem Abschluss der zehnten Klasse eine Bäckerausbildung. Mit den politischen Gegebenheiten hatte der junge Mann seine Schwierigkeiten, weshalb mehrere „Aussprachen“ mit Vorgesetzen folgten. Gemeinsam mit vier Freunden besuchte er im Sommer 1987 eine Gaststätte. Gegen 20.00 Uhr trafen sie unter Alkoholeinwirkung wieder auf dem Bahnhof in Zwickau ein. Aus Daniel Zahm platze es in diesem Moment heraus. Er hatte die ständige Bevormundung vor allem in Fragen Musik und die anhaltende Gängelei satt. Anfang Juni 1987 waren tausende Jugendliche in der DDR zum Brandenburger Tor geströmt, um das Westberliner Konzert von David Bowie zu hören. Es kam zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Jugend und Staatsmacht. Die jungen Musikbegeisterten wehrten sich mit Rufen wie „Die Mauer muss weg!“ oder „Gorbatschow“. Daniel Zahm und seine Freunde taten es ihnen etwa zwei Wochen später am Zwickauer Bahnhof gleich. Er begann den Sprechchor „Die Mauer muss weg!“ und seine Freunde stimmten ein. Angeheizt von den Passanten riefen sie auf dem Weg zur Bahnhofsvorhalle mehrmals „Freiheit und Demokratie!“ oder „Nieder mit der Mauer“.

Foto 1: Passfoto im Alter von 17 Jahren, kurz vor der Verhaftung

Von Juli 1987 bis zur Verurteilung im August 1987 befand er sich in der Untersuchungshaftanstalt des MfS auf dem Kaßberg. In seiner Begründung vermerkte das Gericht: „Er war aufgrund der Entwicklung seiner Persönlichkeit in der Lage, sich bei der Entscheidung zur Tat von den hierfür geltenden Regeln des gesellschaftlichen Lebens leiten zu lassen.“ Mit ihrem Verhalten hätten die Jugendlichen, „eine Straftat gegen die staatliche Ordnung von nicht unerheblicher Intensität begangen. Es ist deshalb eine nachdrückliche und unverzügliche Disziplinierung aller Angeklagten erforderlich.“ Jeder der fünf Freunde, die allesamt nicht vorbestraft waren und eine Lehrausbildung absolvierten, erhielt wegen „Rowdytums“ eine Haftstrafe von fünf Monaten. Daniel Zahm wurde nach der Verurteilung von Karl-Marx-Stadt nach Zwickau verbracht, wo er seine rechtliche Strafe verbüßen musste.

Foto 2: Nach der Haft ließ sich Daniel Zahm die Haare lang wachsen. Damit wollte er – wie auch andere Jugendliche in der DDR – zeigen, dass er mit dem System nicht einverstanden war.

Im Herbst 1989 demonstrierte Daniel Zahm auf der Straße mit dem Ruf „Wir sind das Volk!“ gegen das SED-Unrechtssystem. Nach der Friedlichen Revolution reiste er mehrmals in die skandinavischen Länder. Reisefreiheit sei den DDR-Bürger*innen immer das Wichtigste gewesen, sagt er rückblickend. Bis heute lebt er in Zwickau. Im September 2018 besichtigte er nach 30 Jahren gemeinsam mit seiner Familie und in Begleitung der wissenschaftlichen Mitarbeiterin des Vereins das ehem. Kaßberg-Gefängnis. Er unterstützt den Verein und dessen Vorhaben der Gedenkstätte, vor allem mit der Bereitstellung von Material für die politische Bildungsarbeit. Daniel Zahm erinnert: „Damals mit frischen 18 Jahren auf dem Kaßberg … gingen mir andere Sachen durch den Kopf als Freikauf in den Westen.“

Foto 3: Daniel Zahm besichtigte im Jahr 2018 nach 30 Jahren das ehem. Kaßberg-Gefängnis.

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