Da einige unserer Zeitzeuginnen und Zeitzeugen künstlerisch aktiv sind – sei es beruflich oder im Hobbybereich – und dies vielen von ihnen bei der persönlichen Aufarbeitung der Haftgeschichte hilft, entschlossen wir uns dazu, diese Seite zu erstellen. Bei der Auswahl kommt es uns nicht darauf an, einen Bezug zum historischen Ort des Kaßberg-Gefängnisses oder zum Haftschicksal erkennen zu lassen. Es geht einzig und allein um die Vielfältigkeit von Ausdrucksmitteln, schlichtweg um Kreativität und um Kunst.

Veronika Bahr

Veronika Bahr wurde im Jahr 1968 als 18-Jährige sieben Wochen lang auf dem Kaßberg inhaftiert. Sie versuchte im August 1968 während des „Prager Frühlings“ aus der DDR zu fliehen, um den bedrückenden Verhältnissen im Elternhaus zu entkommen. Die Verhaftung in der Tschechoslowakei, die Inhaftierung, das Urteil und die sozialen Folgen führten zu schwerwiegenden Traumata. Erst nach der Friedlichen Revolution konnte Veronika Bahr sich dank der Kunst mit ihrer Kindheit und der politischen Haft auseinandersetzen. In mehr als 20 Jahren gestalterischer Betätigung entstanden Arbeiten verschiedener Genres, z.B. Aquarelle, Pastellkreidebilder, Radierungen, Bleistiftzeichnungen, Tuschearbeiten, Walzendrucke mit Aqua Linol Druckfarbe, Linoldrucke, Specksteinskulpturen (hauptsächlich figürlich) und eine Porphyrskulptur während eines Bildhauerlehrganges. Erst seit drei Jahren macht ihre psychische Gesundung endlich Fortschritte, kehrt ihr Lebensmut langsam zurück. Die Specksteinskulpturen fotografierte Marco Ölschlägel für die Homepage, die anderen Werke Thomas Jungnickel.

Silvia Krause

Silvia Krause verließ das Kaßberg-Gefängnis im Mai 1989 in Richtung Bundesrepublik. Mitte der 1980er Jahre stellte sie gemeinsam mit ihrem Mann einen „Antrag auf ständige Ausreise“ und sie verfassten anschließend mehrere Erklärungen, in welchen sie ihre kritische Einstellung zur DDR bekundeten. Das Ehepaar wollte das Land endlich verlassen dürfen. Im Jahr 1988 erfolgte die Verhaftung und die Verurteilung. Die Liebe zur Kunst, insbesondere zum Zeichnen, entdeckte Silvia Krause bereits während der Schulzeit. Für sie war es damals der einzige Weg, sich ohne Zwänge im Alltag der DDR auszudrücken. Doch es sollte viele Jahre dauern bis Silvia Krause wieder einen Pinsel in die Hand nahm. Erst nach ihrer Frühberentung im Jahr 2012 wagte sie sich zögerlich an ihr einst so geliebtes Hobby. Für sie ist die Malerei eine Auseinandersetzung mit sich selbst, sie führt dadurch einen inneren Dialog. Sie nennt es „REDEN OHNE WORTE“. Ihre Werke sind weder an Stile noch an Maltechniken gebunden, sie entstehen aus dem Moment heraus. Vor Kurzem konnte Silvia Krause zwei Exponate über den Kunstzirkel Weida im Erfurter Landtag ausstellen. Sie nimmt auch Auftragsarbeiten an.

Hartmut Leimcke

Hartmut Leimcke wurde nach einem gescheiterten Fluchtversuch als 17-Jähriger von April bis Mai 1970 in der Untersuchungshaftanstalt auf dem Kaßberg inhaftiert. Er wurde zu einem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Bis zur Aussetzung der Strafe auf Bewährung befand er sich von Juli 1970 bis zum Januar 1971 in der Jugendstrafanstalt Ichtershausen. Heute lebt er als freischaffender Künstler in Chemnitz. Die meisten der hier abgebildeten Werke fotografierte Marco Oelschlägel für unsere Homepage. Hartmut Leimcke konzentriert sich in seinem Schaffen auf Öl- und Acrylmalerei. Holzschnitte, Aquarelle und Collagen gehören ebenso zu seinem Repertoire. Ab Mai 2020 sind einige seiner wichtigsten Werke in der Kunstgalerie „Laterne“ in Chemnitz zu sehen. Kontakt über: www.hartmutleimcke.de

Gerhard Kempe

Gerhard Kempe befand sich in der ersten Hälfte der 1970er Jahre auf dem Kaßberg in Untersuchungshaft. Nach der Verurteilung erfolgten weitere Haftstationen, darunter in Bautzen. Dort tätowierte er Mithäftlinge. Im Februar 1976 wurde er über das Kaßberg-Gefängnis freigekauft.

Jörg Beier

Jörg Beier wurde von Juli 1969 bis zum Mai 1970 in der Untersuchungshaftanstalt des Ministeriums für Staatssicherheit auf dem Kaßberg inhaftiert. Heute lebt er als Künstler in Schwarzenberg. Im Jahr 1990 gründete er den Schwarzenberger Kunst- und Kulturverein e. V. mit, aus dem später Kunstzone e.V. hervorging. Es folgte die Eröffnung von Kunst & Kneipe „Zur Freien Republik Schwarzenberg” und die der Galerie „Silberstein” in Schwarzenberg. Im Jahr 1993 gründete er die Künstlergruppe ZONE. Die hier abgebildeten Werke sind von seiner Ausstellung im Dom zu Brandenburg. Anlass war die Verleihung des Brandenburger Freiheitspreises an das Menschenrechtszentrum Cottbus. Jörg Beier ist im Bundesverband Bildender Künstler und im Chemnitzer Künstlerbund. Kontakt über: www.freie-republik-schwarzenberg.de

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