Fast 50 Besucherinnen und Besucher haben heute Nachmittag an einer öffentlichen Führung durch unseren Lernort im früheren Hafttrakt B im Rahmen der Tage der jüdischen Kultur Chemnitz teilgenommen. In dem Rundgang mit dem Historiker Christian Lieberwirth und unserem wissenschaftlichen Mitarbeiter Robert Schröpfer informierten sich die Gäste über die Geschichte des einstigen politischen Haftorts in der Zeit des Nationalsozialismus, Verfolgtengruppen und Haftbedingungen. Im Zentrum standen die Biografien damaliger Haftinsassinnen und Haftinsassen wie Bernhard Kuhnt, Jankel Rotstein, Genowefa Banasiak und Alfred Wilde. Ihre Leidenswege führten vom Kaßberg-Gefängnis wie für viele andere Inhaftierte in weitere Verfolgung, in Deportation oder Ermordung.
Jankel Rotstein, geboren 1889 in Warschau und Vater des späteren Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde Chemnitz, Siegmund Rotstein, hatte sich 1920 in Chemnitz niedergelassen, mit seiner Frau Liddy eine Familie gegründet und eine Existenz aufgebaut. Die Rotsteins waren von der schrittweisen Entrechtung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung nach Machtübernahme durch die Nationalsozialisten unmittelbar betroffen. 1938/39 war Jankel Rotstein mehrfach inhaftiert. Mit Kriegsbeginn wurde er im Kaßberg-Gefängnis eingesperrt und über das Lager Nürnberg-Langwasser ins deutsch besetzte Polen verschleppt. Er starb im September 1941 im Warschauer Ghetto. In der Ausstellung sind unter anderem Briefe von ihm an seine Angehörigen zu sehen und zu hören. Sie verdeutlichen, unter welchen Entbehrungen er leiden musste, aber auch wie groß die Liebe zu seiner Familie war.
Unsere Bilder, fotografiert von Kateryna Vdovchenko, zeigen unsere Gäste bei der Führung mit Christian Lieberwirth und Robert Schröpfer sowie einen Blick in den biografischen Ausstellungsbereich von Jankel Rotstein im dritten Obergeschoss.
Wir danken den Tagen der jüdischen Kultur Chemnitz für die freundliche Zusammenarbeit.