Die neue Ausgabe der „Gerbergasse 18“ aus Jena, Thüringer Vierteljahresschrift für Zeitgeschichte und Politik, ist da. Das Heft hat den Schwerpunkt „Haft-Literatur“ und versammelt Beiträge zum Schreiben in der und über die Haft. Die Spannweite reicht von Kassibern aus dem Speziallager Buchenwald über Haftberichte aus DDR-Gefängnissen bis hin zur aktuellen Situation von Schreibenden, die aufgrund ihrer Werke in Haft gerieten oder von Verhaftung in ihren Heimatländern bedroht sind. Außerdem geht es um das Erscheinen von Ulrich Plenzdorfs „Die neuen Leiden des jungen W.“ vor fünzig Jahren und die „edition H“ über Heimerziehung in der DDR in Selbstzeugnissen.
Vertreten ist auch unser Zeitzeuge Hans-Jürgen Kühn mit seiner Kurzgeschichte „Linderlöh“, die denselben Titel wie ein Romanprojekt des Verfassers von 1968/69 trägt. Auf 56 DIN-A4-Seiten schilderte Kühn damals „Die Sorgen und Nöte Linderlöh oder eine deutsche Verirrung“. Ein DDR-Gericht legte ihm den Text später als „Hetze gegen die sozialistischen Verhältnisse in der DDR in allen Bereichen“ aus. Nach einem halben Jahr Untersuchungshaft auf dem Kaßberg wurde Kühn im Februar 1973 wegen „mehrfacher staatsgefährdender Hetze“ und angeblicher „Vorbereitung zum illegalen Verlassen der DDR“ zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt und zum Strafvollzug in Cottbus eingesperrt, bevor ihn die Bundesrepublik im Dezember 1973 über das Kaßberg-Gefängnis freikaufte.
Die Kurzgeschichte „Linderlöh“ ist auch im Zeitzeugenbereich unserer Website dokumentiert. Sie finden sie, wenn Sie hier klicken. Die aktuelle Ausgabe der „Gerbergasse 18“ und das vorangegangene Heft mit dem Schwerpunkt „Musik“ sind in gedruckter Form zum Preis von 3,50 Euro am Servicetresen in unserem Lernort im früheren Hafttrakt B erhältlich.