Zeitzeugenbesuch aus Berlin hatte am Wochenende unser Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. Michael Bradler legte nach einem Vortrag in Oberwiesenthal über seinen Freikauf aus der Haft in der DDR einen Zwischenstopp in Chemnitz ein, um unseren neuen Lernort im früheren Hafttrakt B zu besichtigen. Der Zeitzeuge, geboren 1961 in Ost-Berlin, hatte 1981 vergebens mehrere Ausreiseanträge aus der DDR gestellt, wie er berichtet und es auf der Zeitzeugenseite der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen heißt. Der junge Mann war nach dem frühen Tod seiner Mutter bei den Großeltern aufgewachsen und wollte diesen in den Westen folgen, nachdem sie ausgereist waren. Die SED und auch der eigene Vater versuchten das zu verhindern. Michael Bradler, der als Feinmechaniker in der Akademie der Wissenschaften arbeitete, wurde aus der Forschungsabteilung ins Heizhaus versetzt.
Im Januar 1982 begab sich Michael Bradler daraufhin an den Grenzübergang Sonnenallee und erklärte, nach West-Berlin zu seinen Großeltern zu wollen. Daraufhin wurde er festgenommen und zunächst in der Magdalenenstraße, dann in Hohenschönhausen inhaftiert. Die Staatssicherheit beschuldigte ihn der „landesverräterischen Nachrichtenübermittlung“, weil er sich mit einem Freund in der ČSSR getroffen hatte, der zuvor ausgereist war. Gleichzeitig bot man ihm Straffreiheit an, wenn er seinen Ausreiseantrag zurückziehe. Im Mai 1982 wurde er schließlich wegen „Agententätigkeit“ zu einem Jahr und vier Monaten Gefängnis verurteilt und über Berlin-Rummelsburg zum Strafvollzug nach Cottbus gebracht. Im Oktober 1982 wurde er im Rahmen des Häftlingsfreikaufs über das Kaßberg-Gefängnis in den Westen entlassen.
Heute arbeitet Michael Bradler als Besucherreferent in der Gedenkstätte Berlin-Hohenschönhausen und in der Forschungs- und Gedenkstätte Normannenstraße in Berlin (Stasimuseum) mit.
Unser Foto zeigt Michael Bradler in unserer Dauerausstellung im neuen Lernort im früheren Hafttrakt B in Chemnitz.