Lebensgeschichten und Haftschicksale früherer politischen Gefangenen stehen im Mittelpunkt unserer Dauerausstellung im neuen Lernort im früheren Hafttrakt B. Auch auf den Plakaten für unser Eröffnungswochenende am 21./22. Oktober, entworfen vom Berliner Grafikbüro Bailey und Bailey, sind ehemalige Haftinsassinnen und Haftinsassen zu sehen. Sie waren zu unterschiedlichen Zeiten auf dem Kaßberg inhaftiert: Ernst Sander in der NS-Zeit, Annemarie Krause in den Jahren der sowjetischen Geheimpolizei NKWD/MGB, Wolfgang Lötzsch in der Untersuchungshaft der DDR-Staatssicherheit und Elke Schlegel in der Freikaufhaft ebenfalls der Staatssicherheit. Alle vier sind mit ihren Biografien in der Dauerausstellung im neuen Lernort im ehemaligen Hafttrakt B vertreten.
Der Radsportler Wolfgang Lötzsch, der vielen bis heute als Ausnahmetalent gilt, war im November 1971 als vierfacher DDR-Juniorenmeister in den Kader der damals populären Friedensfahrt und der Olympischen Spiele von München berufen worden. Kurz darauf kam jedoch die Entlassung aus dem Sportclub Karl-Marx-Stadt, weil er als „politisch bedenklich“ eingestuft worden war. Wegen angeblicher Kontakte zu Verwandten im Westen, seiner Weigerung, in die SED einzutreten, und Gerüchten um Fluchtgedanken wurde er vom Leistungssport ausgeschlossen. So verhinderten Sportfunktionäre und Partei eine internationale Karriere. Auch nachdem er wegen unbedachter Äußerungen („Staatsverleumdung“) 1976 für zehn Monate im Kaßberg-Gefängnis inhaftiert worden war, hatte die Staatssicherheit weiterhin zahlreiche Zuträger im Umfeld von Wolfgang Lötzsch platziert. Im Jahr 2012 wurde Wolfgang Lötzsch in die Hall of Fame des deutschen Sports aufgenommen. Er engagiert sich als Zeitzeuge für den Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis.
An unserem Eröffnungswochenende ist Wolfgang Lötzsch am Samstag, 21. Oktober 2023, 12 Uhr im Zeitzeugen-Podium „Was war der Kaßberg? Was kann er sein? Zeitzeuginnen und Zeitzeugen im Gespräch“ zu erleben. Weitere Informationen zu unserem Eröffnungsprogramm finden Sie, wenn Sie hier klicken.
Das Foto auf unserem Poster zeigt Wolfgang Lötzsch im Jahr 1974 – nach dem Sieg im Rennen „Rund um Berlin“.