Am 27. Januar, Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz durch sowjetische Soldaten 1945, gedenken wir der Ermordeten und Überlebenden des Nationalsozialismus. Heute Vormittag legten unser Vorstandsmitglied Veronika Brandt und unser Gedenkstättenteam, vertreten durch unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann und unseren wissenschaftlichen Mitarbeiter Robert Schröpfer, deshalb Blumen an der Gedenkinschrift für die Inhaftierten des nationalsozialistischen Straf- und Untersuchungsgefängnisses an der früheren Außenmauer des Kaßberg-Gefängnisses nieder und putzten die Stolpersteine von Leib Kleinberg und Hans Mire am Gelände des ehemaligen Gefängnisses und von Dina van Voolen, Israel van Voolen und Jacob Ralf Götz vor dem Grundstück Kaßbergstraße 22 a.
Jacob Ralf Götz, geboren 1913, gehörte dem Historiker Dr. Jürgen Nitsche zufolge 1938 zu den 186 jüdischen Männern, die während des Novemberpogroms in Chemnitz und Umgebung festgenommen wurden. Ein Teil von ihnen wurde im Polizeigefängnis in der Hartmannstraße, weitere vermutlich im Kaßberg-Gefängnis eingesperrt. Gemeinsam mit 171 Mitgefangenen wurde Jacob Ralf Götz in den darauffolgenden Tagen ins Konzentrationslager Buchenwald gebracht und dort unter katastrophalen Bedingungen festgehalten. Nach der Haftentlassung gelang ihm 1939 die Flucht in die Niederlande. Der Einmarsch der Deutschen zwang Jacob Ralf Götz 1942/43 in den Untergrund, bis er von Nachbarn denunziert und am 19. Oktober 1943 nach Auschwitz deportiert wurde. Am 31. März 1944 wurde er dort ermordet.
Seine verwitwete Mutter Dina van Voolen, geboren 1873 als Dina Eschwege, verwitwete Götz, war nach Recherchen Dr. Jürgen Nitsches mit dem aus Holland stammenden Kaufmann Israel van Voolen, geboren 1875, eine neue Ehe eingegangen. Die Eheleute wanderten 1939 nach Holland aus. Auch sie wurden von ihren Verfolgern eingeholt. Dina und Israel van Voolen wurden am 5. November 1942 ins Vernichtungslager Auschwitz verschleppt und dort ermordet.
Das Haus, in dem die Familie gewohnt hatte, wurde Dienstsitz der Gestapo und ein Ort des Leids für viele Verfolgte. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Gebäude zerstört. Seit 2015 erinnern Stolpersteine, initiiert von Rabbiner Dr. Edward van Voolen, an das Schicksal der Familie.
Einen Text von Dr. Jürgen Nitsche, auf dem die biografischen Absätze über Jacob Ralf Götz, Dina und Israel von Voolen basieren, finden Sie hier.
Unsere Bilder, fotografiert von Robert Schröpfer, zeigen oben unser Vorstandsmitglied Veronika Brandt (r.) und unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann am Gedenkort für die Inhaftierten des nationalsozialistischen Straf- und Untersuchungsgefängnisses an der früheren Außenmauer des Kaßberg-Gefängnisses, unten die Stolpersteine für Israel van Voolen, Dina van Voolen und Jacob Ralf Götz vor dem Grundstück Kaßbergstraße 22 a, die Stolpersteine für Leib Kleinberg und Hans Mire am Gelände des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses und unser Team beim Putzen der Stolpersteine.
Heute Nachmittag, 14 Uhr beginnt im Lernort im früheren Hafttrakt B eine Führung über Haftschicksale in der Zeit des Nationalsozialismus. Den ganzen Tag über ist der Eintritt in unsere Dauerausstellung frei. Am Samstagvormittag, dem Gedenktag selbst, nehmen Vertreterinnen und Vertreter unseres Lern- und Gedenkorts um 10 Uhr an der Gedenkveranstaltung der Stadt Chemnitz am Mahnmal im Park der Opfer des Faschismus teil.
Wir danken Dr. Jürgen Nitsche für die freundliche Beratung und Christian Lieberwirth für die Zusammenarbeit bei der Führung.