Premiere hatte vergangene Woche ein Workshop-Angebot aus unserem Bildungsprogramm. „,Alles Scheiße hier in diesem Land‘: Opposition und Widerstand in der DDR“ – unter diesem Titel setzten sich Schülerinnen und Schüler aus gleich zwei zehnten Klassen der Oberschule Lichtenau am Vormittag mit der DDR-Zeit auseinander. In einer Überblicksführung mit unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Kristina Hahn informierte sich die Hälfte der Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die doppelte Diktaturgeschichte des Kaßberg-Gefängnisses und den Häftlingsfreikauf aus der DDR. Unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann erörterte mit dem anderen Teil der Jugendlichen verschiedene Ausprägungen widerständigen Verhaltens in der DDR und die Folgen für die Betroffenen. Dann tauschten die Gruppen. Höhepunkt war ein Zeitzeugengespräch mit Wolfgang Lötzsch, von dem das Zitat im Titel der Veranstaltung stammt. Die unbedachte Äußerung war der Anlass für seine Inhaftierung von Dezember 1976 bis Oktober 1977 im Kaßberg-Gefängnis.
Der Radsportler, der vielen bis heute als Ausnahmetalent gilt, war im November 1971 als vierfacher DDR-Juniorenmeister in den Kader der damals populären Friedensfahrt und der Olympischen Spiele von München berufen worden. Kurz darauf kam jedoch die Entlassung aus dem Sportclub Karl-Marx-Stadt, weil er als „politisch bedenklich“ eingestuft worden war. Wegen angeblicher Kontakte zu Verwandten im Westen, seiner Weigerung, in die SED einzutreten, und Gerüchten um Fluchtgedanken wurde er vom Leistungssport ausgeschlossen. So verhinderten Sportfunktionäre und Partei eine internationale Karriere. Auch nachdem er wegen des zitierten Satzes („Staatsverleumdung“) 1976 für zehn Monate im Kaßberg-Gefängnis inhaftiert worden war, hatte die Staatssicherheit weiterhin zahlreiche Zuträger im Umfeld von Wolfgang Lötzsch platziert.
Unsere Fotos zeigen oben Wolfgang Lötzsch und unsere unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern sowie unten unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Kristina Hahn mit weiteren Teilnehmerinnen und Teilnehmern bei einer Aufgabenstellung zum Abschluss der Überblicksführung.
Außerdem konnten wir in der vergangenen Woche 120 Besucherinnen und Besucher bei öffentlichen Führungen am Sonntagnachmittag, davon eine mit unserem Zeitzeugen Hartmut Leimcke und Dr. Steffi Lehmann und eine mit unserem Vereinsvorsitzenden Jürgen Renz, sowie am Dienstag Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer weiteren Überblicksführung begrüßen.
Die Zeitzeugengespräche wurden mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Frau Dittrich und Herrn Neuber von Oberschule Lichtenau für die Organisation sowie allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern, die uns in der vergangenen Woche und am Wochenende unterstützt haben.
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