Parallel zu den Bauarbeiten im künftigen Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis laufen gegenwärtig die Vorbereitungen für die dort geplante Dauerausstellung. In dieser Woche führte unser Partner beier+wellach projekte die letzten Videointerviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, diesmal in Chemnitz selbst, unter anderem mit dem 89 Jahre alten Günther Rehbein aus Gera. Zuvor hatte es bereits Dreharbeiten mit Protagonistinnen und Protagonisten der Ausstellung in Berlin und in Bielefeld sowie vor Beginn der Pandemie gegeben.
Günther Rehbein, geboren 1933 in Gera, war im August 1952 im Alter von 19 Jahren wegen angeblicher „Spionage“, „versuchter Diversion“ und „antisowjetischer Hetze“ in den NKWD-Untersuchungsgefängnissen Gera, Berlin-Karlshorst und anschließend auf dem Chemnitzer Kaßberg eingesperrt. Er war schweren Misshandlungen und einer Scheinhinrichtung ausgesetzt. Ein Sowjetisches Militärtribunal verurteilte ihn in Chemnitz im November 1952 zu 45 Jahren Arbeitslager, die auf 25 Jahre herabgesetzt wurden. Anschließend musste Günther Rehbein Zwangsarbeit im Kohlebergbau im sibirischen Workuta leisten, bevor er im Oktober 1955 in die DDR zurück entlassen wurde. Im Februar 1968 begegnete der Zeitzeuge auf der Straße in Gera einem der Männer, die ihn 16 Jahre zuvor in die dortige NKWD-Kommandantur gebracht hatten. Als dieser ihn mit den Worten „Dass Sie noch am Leben sind …“ provozierte, schlug Günther Rehbein den Mann. Rehbein wurde erneut festgenommen und zu vier Jahren Haft verurteilt. Er musste die Strafe im „Gelben Elend“ in Bautzen verbüßen, eingesetzt auch im Braunkohle-Tagebau „Schwarze Pumpe“, bis er im November 1971 entlassen wurde.
Die Geschichte von Günther Rehbein ist eine der Zeitzeugen-Biografien, die in der Dauerausstellung des Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis erzählt werden sollen. Unsere Fotos zeigen ihn beim Drehtermin gestern in Chemnitz, oben gemeinsam mit den Interviewern Florian Manthey (M.) von beier+wellach projekte und Ingo Rudloff von Irrlicht-Film.
Wir danken unserem Vorstandsmitglied Hanka Kliese MdL. Sie stellte dem Filmteam in ihrem Wahlkreisbüro unentgeltlich Platz für die Dreharbeiten zur Verfügung.