Besuch aus dem Vogtland und Berlin hatte heute unser Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. Zeitzeuge Milan Hafke war mit Angehörigen nach Chemnitz gekommen, um unseren neuen Lernort im früheren Hafttrakt B zu besichtigen. Bereits als Jugendlicher hatte Milan Hafke, 1947 in Markneukirchen im Vogtland geboren, seinen ersten Fluchtversuch aus der DDR unternommen. Mit einem Freund machte sich der damals 16-Jährige im August 1963 ins Grenzgebiet bei Reuth auf. Die beiden wurden aufgegriffen, Hafke in die Psychiatrie, schließlich in ein Jugendwohnheim nach Ost-Berlin geschickt, da er laut Akte nicht über „die erforderliche geistig-seelische Reife“ verfügte, die als Voraussetzung für eine Jugendstrafe galt. Er erlernte den Beruf eines Installateurs und war als Leistungssportler aktiv. Gleichzeitig plante und unternahm er, wie er berichtet, weiterhin Fluchtversuche, etwa über die Ostsee oder die Donau bei Bratislava, die glücklos, aber unentdeckt blieben.
Anfang 1973 beschaffte sich Milan Hafke gemeinsam mit einem befreundeten Eisenbahner Reiseanlagen für den visafreien Reiseverkehr nach Ungarn, wie es in den Akten heißt. Ihr Plan: mit der Bahn von Budapest über die ungarisch-österreichische Grenze zu gelangen. Die beiden jungen Männer krochen im Zug „Wienerwald“ in einem Waggon in einen Zwischenboden und versteckten sich. Bei einem Halt in Györ wurden sie entdeckt. Milan Hafke kam in Györ und Budapest in Haft, wurde schließlich in Hohenschönhausen, dann in der Keibelstraße und in Rummelsburg eingesperrt, bevor er nach Cottbus in den Strafvollzug musste. Von dort wurde er im Dezember 1973 als Freikaufhäftling ins Kaßberg-Gefängnis überstellt und schließlich in den Westen entlassen.
Milan Hafke lebte in West-Berlin, aber auch Alaska, Australien, Marokko und Spanien. Er wollte frei sein, um die Welt zu sehen, wie er sagt.
Unser Foto zeigt Milan Hafke in unserer Dauerausstellung im früheren Hafttrakt B in Chemnitz.