Besuch von der Ingenieurkammer Sachsen hatte gestern Nachmittag unser künftiger Lernort im ehemaligen Hafttrakt B. 25 Mitglieder der Kammer informierten sich bei einer Führung unseres Architekten Marc Rennfleisch und unseres HLS-Planers Uwe Bodewell über fachliche Herausforderungen des zurückliegenden Umbaus. Unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann gab einen Überblick zur doppelten Diktaturgeschichte des einstigen politischen Haftorts und zur Gedenkstättenkonzeption. Mit Steffi Leonhardt war als Teilnehmerin außerdem eine Zeitzeugin dazugekommen, die gerade zufällig unseren Gedenkort an der Außenmauer des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses besichtigt hatte.
Steffi Leonhardt hatte, wie sie berichtete, in den 1970er-Jahren über das Pionierensemble Karl-Marx-Stadt zu Künstlerkreisen und einer kritischen Haltung zum SED-Regime gefunden. Nachdem ein Freund in ihrer Wohnung verhaftet worden war, verfasste die damals 20-Jährige gemeinsam mit ihrer Mitbewohnerin Briefe an die Gesellschaft für Menschenrechte und Amnesty International in der Bundesrepublik. Einer der Briefe wurde abgefangen, der zweite gelangte an die Adressaten, sodass das Westfernsehen über die Festnahme ihres Freundes berichtete. Im April 1977 wurde Steffi Leonhardt ins Kaßberg-Gefängnis gebracht und in der Folge wegen „Verbindungsaufnahme“ und „Nachrichtenübermittlung“ zu anderthalb Jahren Gefängnis verurteilt. Zum Strafvollzug kam sie ins Frauen-Arbeitskommando. Weil sie die Arbeit verweigerte, wurde sie im Juli 1977 ins berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck verlegt. Im November wurde sie über den Kaßberg in den Westen freigekauft.
Unsere Fotos zeigen oben Steffi Leonhardt (2.v.l.), unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann (M.) und unseren Architekten Marc Rennfleisch sowie unten unseren Architekten und unseren HLS-Planer Uwe Bodewell mit den Ingenieurinnen und Ingenieuren bei der Führung durch den Lernort.