Unser Bildungsprogramm läuft, besonders Überblicksführungen und Zeitzeugengespräche werden gegenwärtig nachgefragt. In dieser Woche konnten wir am Montag sieben angehende Geschichtslehrerinnen und -lehrer begrüßen, die sich bei einem Rundgang mit unseren wissenschaftlichen Mitarbeitenden Kristina Hahn und Robert Schröpfer über die doppelte Diktaturgeschichte des ehemaligen Kaßberg-Gefängnisses, den Häftlingsfreikauf aus der DDR und die Gedenkstättenkonzeption informierten. Heute Vormittag nahmen rund 60 Schülerinnen und Schüler des Berufsschulzentrums für Gesundheit und Sozialwesen Chemnitz an einem geführten Rundgang teil, bevor unsere Zeitzeugin Petra Weise über ihre Haft, die Umstände, die sie dorthin geführt hatten, und ihren Freikauf berichtete.
Petra Weise war im Juli 1981 im Rahmen des Häftlingsfreikaufs über das Kaßberg-Gefängnis in den Westen entlassen worden. Die damalige Bibliothekerin hatte mit ihrer Familie die DDR verlassen wollen, weil ihre Tochter mit einer seltenen Erkrankung weit unten auf der Warteliste für die überlebensnotwendigen Import-Medikamente rangierte. Beim Fluchtversuch im Juli 1980 wurde die Familie an der bulgarisch-jugoslawischen Grenze aufgegriffen. Petra Weise kam in Untersuchungshaft in Berlin-Pankow, wurde im Oktober 1980 zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsentzug verurteilt und ins berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck gebracht. Acht Monate nach ihrer Entlassung durfte sie ihre Kinder nachholen. Die Tochter wurde im Westen erfolgreich behandelt.
Was war das Schlimmste, was Sie in der Haft erlebt haben? Wie dachten Ihre Kinder über den Fluchtversuch und Ihre Zeit in der Haft? Was geht in Ihnen vor, wenn Sie heute ein ehemaliges Gefängnis betreten? Fragen wie diese interessierten die Jugendlichen im Gespräch besonders.
Unsere Bilder, fotografiert von Robert Schröpfer, zeigen oben unsere Zeitzeugin Petra Weise und unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Kristina Hahn im Gespräch mit den Berufsschülerinnen und -schülern sowie unten Kristina Hahn mit den Referendarinnen und Referendaren an der Bodenintarsie am einstigen Standort der sogenannten Freigangzellen.
Das Zeitzeugengespräch wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem den Lehrerinnen Fanny Griesbach und Kristin Trommer vom BSZ Gesundheit und Sozialwesen Chemnitz beziehungsweise Fachausbildungsleiterin Manuela Thoß und Referendar Erik Schönborn für die freundliche Zusammenarbeit.