Parallel zu den Bauarbeiten im künftigen Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis laufen gegenwärtig die Vorbereitungen für die dort geplante Dauerausstellung. In der vergangenen Woche führte unser Partner beier+wellach projekte weitere Videointerviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen des Kaßberg-Gefängnisses, diesmal mit früheren politischen Gefangenen, die heute in Nordrhein-Westfalen leben, darunter Christine Storck. Interviews mit Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus anderen Regionen sollen folgen.
Christine Storck, geboren 1959 im Ostteil Berlins, wuchs in einem kirchlich geprägten Elternhaus auf und engagierte sich in der Jungen Gemeinde, wo sie ihren späteren Ehemann Matthias Storck kennenlernte. Gemeinsam setzten sich beide insbesondere gegen den Wehrkundeunterricht in den Schulen der DDR ein. Matthias Storck trat mit Liedern in der Art von Wolf Biermann und auch bei Bluesmessen des Ost-Berliner Pfarrers Rainer Eppelmann auf. Beide hegten keine Pläne, die DDR zu verlassen, sondern traten für Veränderungen im Land ein. Die Staatssicherheit lud das Paar durch einen Pfarrer, der als IM tätig war, zu einer geplanten Flucht per Schiff über Danzig ein, was beide aber ablehnten. Außerdem schob die Stasi ihnen heimlich entsprechende Fahrkarten unter. Im Oktober 1979 wurden beide verhaftet und in der Folge wegen „landesverräterischer Agententätigkeit und ungesetzlichem Grenzübertritt“ zu jeweils zwei Jahren und acht Monaten Freiheitsentzug verurteilt. Christine Storck war in Berlin in der MfS-Untersuchungshaftanstalt Pankow inhaftiert, anschließend im Strafvollzug des berüchtigten Frauengefängnisses Hoheneck, während Matthias Storck die Strafhaft in Cottbus verbringen musste. Im Dezember 1980 sahen sich beide im Bus Richtung Freiheit auf dem Hof des Kaßberg-Gefängnisses wieder.
Die Geschichten von Christine und Matthias Storck gehören zu den Zeitzeugen-Biografien, die in der Dauerausstellung des künftigen Lern- und Gedenkorts Kaßberg-Gefängnis erzählt werden sollen. Unser Foto, gemacht von Florian Manthey, zeigt Christine Storck beim Drehtermin in Bielefeld zusammen mit Interviewer Ingo Rudloff von Irrlicht-Film.