Mehr als 30 Besucherinnen und Besucher waren gestern Abend in den Saal des Chemnitzer Kulturkaufhauses Tietz gekommen, um eine Lesung mit Falk Mrázek zu erleben. Auf gemeinsame Einladung der Volkshochschule Chemnitz und unseres Vereins stellte der Zeitzeuge und Journalist dort sein Erinnerungsbuch „Erwachsenwerden hinter Gittern – Als Teenager im DDR-Knast“ vor. Mrázek hatte im September 1978 als 17-Jähriger seine Festnahme an der Berliner Mauer provoziert, indem er am Brandenburger Tor unter einer Schranke hindurchgeschlüpft und im Grenzgebiet mit erhobenen Händen auf einen Wachtposten zugegangen war. So wollte er dem Ausreiseantrag seiner Familie Nachdruck verleihen. Nach Haftstationen in Ost-Berlin, Dresden und Görlitz musste er im Winter 1978/79 im Straflager in Bitterfeld Schwerstarbeit leisten, bevor er im Juni 1979 als Freikaufhäftling über das Kaßberg-Gefängnis in den Westen entlassen wurde.
Im Gespräch mit unserem Vorstandsmitglied Michaela Bausch, die den Abend moderierte, berichtete der Autor auch von der Entstehungsgeschichte des Buches. Falk Mrázek hatte das Ehepaar Michaela und Volker Bausch 2014 in Denver (Colorado) kennengelernt, wo er damals lebte. Genau in der Zeit, in der Mrázek im Kaßberg-Gefängnis eingesperrt war, so stellte sich damals heraus, hatte Michaela Bausch die unmittelbar benachbarte EOS „Friedrich Engels“ besucht. Und als Volker Bausch, der bis zu seiner Pensionierung die Gedenkstätte „Point Alpha“ an der früheren innerdeutschen Grenze leitete, später Vorstandsmitglied unseres Vereins wurde und ihn nach Chemnitz einlud, so Mrázek, sei er von Amerika über Point Alpha und den Kaßberg schließlich wieder mit der eigenen Biografie konfrontiert worden. Das habe ihm den Impuls gegeben, seine Geschichte aufzuschreiben.
Ein besonderer Gast des Abends in Chemnitz war Peter, ein weiterer wichtiger Freund im Leben Falk Mrázeks. Im Straflager Bitterfeld hatte sich der Ältere vor den unerfahrenen Mithäftling gestellt und ihn vor Konflikten mit anderen Strafgefangenen und dem Wachpersonal beschützt. „Ich hatte einen Schutzengel in der Hölle“, sagte Mrázek über ihn.
Unsere Fotos zeigen Falk Mrázek auf dem Podium (oben), einen Blick in den Saal und auf den Büchertisch, Falk Mrázek mit Peter, unsere Moderatorin und Vorständin Michaela Bausch im Gespräch mit Besuchern und mit Falk Mrázek sowie diesen mit unserem Vorstandsmitglied Joseph Walthelm.
Einen Text von Falk Mrázek über seine Haftzeit finden Sie hier. Informationen zum Buch gibt es auf der Website des Verlags.
Mit freundlicher Unterstützung der Sächsischen Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur