Zeitzeuge im Gespräch

Zeitzeugenbesuch aus Hamburg hatte heute unser Lern- und Gedenkort Kaßberg-Gefängnis. Dieter Gerschler war auf den Kaßberg gekommen, um unseren neuen Lernort im früheren Hafttrakt B zu besichtigen. In der früheren Hafthalle kam der Zeitzeuge außerdem ins Gespräch mit Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a des Chemnitzer Schulmodells, die zeitgleich an einer Führung mit unserer wissenschaftlichen Leiterin Dr. Steffi Lehmann teilnahmen.

Der gelernte Grafikdesigner und damalige wissenschaftliche Mitarbeiter im VEB Kombinat Zentronik, geboren 1944 in Chemnitz, machte im Alltag keinen Hehl daraus, wie wenig er vom SED-Regime hielt. Mit einem Kontakt im Westen, so berichtete Dieter Gerschler, dachte er über Möglichkeiten nach, über eine Adoption und Familienzusammenführung aus der DDR herauszukommen. Im Januar 1974 inhaftierte ihn die Staatssicherheit im Kaßberg-Gefängnis. Nach sieben Monaten Einzelhaft wurde er wegen „versuchter Republikflucht“ und „staatsfeindlicher Hetze“ zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt und zum Strafvollzug über Bautzen nach Cottbus gebracht. Im Juli 1975 wurde er im Rahmen des Häftlingsfreikaufs wiederum über das Kaßberg-Gefängnis in die Bundesrepublik entlassen.

Dieter Gerschler ging nach Hamburg, wo er an der Fachhochschule noch einmal Grafikdesign und an der Hochschule für Bildende Kunst freie Kunst studierte. Auf beiden Feldern war er anschließend erfolgreich tätig. „Wenn Sie etwas wollen, dann müssen Sie es durchziehen – egal, was andere sagen“, gab er den jungen Leuten mit auf den Weg.

Unsere Fotos zeigen oben Dieter Gerschler (M.) im Gespräch mit unserer wissenschaftlichen Leiterin Dr. Steffi Lehmann, Lehrer Jan Steinert und den Schülerinnen und Schülern der Klasse 10a des Chemnitzer Schulmodells sowie unten in der Dauerausstellung unseres neuen Lernorts im früheren Hafttrakt B.

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