Zeitzeugin im Gespräch

Besuch aus Bayern hatte unser Lern- und Gedenkort am vergangenen Samstag. 20 Teilnehmerinnen und Teilnehmer einer Bildungsreise des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV) informierten sich bei einer Führung mit unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Kristina Hahn über die doppelte Diktaturgeschichte des einstigen politischen Haftorts sowie den Häftlingsfreikauf aus der DDR und besichtigten unseren neuen Lernort mit Dauerausstellung im früheren Hafttrakt B. Höhepunkt war ein Gespräch mit unserer Zeitzeugin Petra Weise, die von ihrem Fluchtversuch aus der DDR, der anschließenden Haft und ihrem Freikauf über den Kaßberg berichtete.

Die damalige Bibliothekarin war durch eine seltene Erkrankung ihrer damals dreijährigen Tochter in Konflikt mit dem Regime geraten. Weil sie und ihr Mann keinen „bevölkerungsbedarfsgerechten Beruf“ ausübten, rangierte das Kind weit unten auf der Warteliste für die überlebensnotwendigen Medikamente. Das Ehepaar mit seinen zwei Kindern entschloss sich zur Flucht über Bulgarien, um die Tochter im Westen behandeln lassen zu können. Beim Fluchtversuch im Juli 1980 wurde die Familie an der Grenze zu Jugoslawien aufgegriffen. Petra Weise kam in Untersuchungshaft in Berlin-Pankow, wurde im Oktober 1980 zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsentzug verurteilt und ins berüchtigte Frauengefängnis Hoheneck gebracht. Im Juli 1981 wurde das Ehepaar freigekauft und über den Kaßberg in die Bundesrepublik entlassen. Die Erkrankung der Tochter wurde im Westen erfolgreich behandelt.

Unsere Bilder, fotografiert von Kristina Hahn, zeigen Petra Weise in einem unserer Seminarräume im neuen Lernort im Gespräch mit unseren Gästen aus Bayern.

Das Zeitzeugengespräch wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Hartmut Rosert vom BLLV für die freundliche Zusammenarbeit. Bereits im April erwarten wir die nächste Reisegruppe des Verbands.

Link teilen