Zeitzeugin mit Schülerinnen und Schülern im Gespräch

Für ein Gespräch mit den drei zehnten Klassen des Goethegymnasiums Auerbach/Vogtland war heute unsere Zeitzeugin Petra Weise im Lernort im früheren Hafttrakt B zu Gast. Zunächst hatten sich die 74 Schülerinnen und Schüler in geteilten Führungen mit unserer wissenschaftlichen Leiterin Dr. Steffi Lehmann und unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Kristina Hahn über die doppelte Diktaturgeschichte des einstigen politischen Haftorts und den Häftlingsfreikauf aus der DDR informiert. Im Anschluss berichtete Petra Weise von ihrem missglückten Fluchtversuch im Jahr 1980, der darauffolgenden Haft und ihrer Entlassung im Rahmen des Gefangenenfreikaufs über den Kaßberg in die Bundesrepublik.

Die Bibliothekarin aus Freiberg/Sachsen war durch eine lebensbedrohliche seltene Erkrankung ihrer damals dreijährigen Tochter in Konflikt mit dem Regime geraten. Weil sie und ihr Mann keinen „bevölkerungsbedarfsgerechten Beruf“ ausübten, rangierte das Kind weit unten auf der Warteliste für die überlebensnotwendigen Medikamente. Auch ein Umzug nach Ost-Berlin und damit in den Einzugsbereich der dortigen Krankenhäuser brachte keine Lösung. Das Ehepaar mit seinen zwei Kindern entschloss sich deshalb, unterstützt von einem Bruder Petra Weises, zur Flucht über Bulgarien, um die Tochter im Westen behandeln lassen zu können. Beim Fluchtversuch im Juli 1980 wurde die Familie an der Grenze zu Jugoslawien aufgegriffen. Petra Weise kam in die Stasi-Untersuchungshaftanstalt in Berlin-Pankow und wurde im Oktober 1980 zu einem Jahr und acht Monaten Freiheitsentzug verurteilt.

Petra Weise war acht Monate lang im berüchtigten Frauengefängnis Hoheneck eingesperrt. Ehemann und Bruder erhielten höhere Haftstrafen und wurden ins Zuchthaus Brandenburg gebracht. Im Juli 1981 wurde das Ehepaar freigekauft und über den Kaßberg in die Bundesrepublik entlassen, kurz darauf auch der Bruder. Die beiden Kinder, um die sich die Großeltern gekümmert hatten, durften später nachkommen. Die Erkrankung der Tochter wurde im Westen erfolgreich behandelt. Das Kind wurde geheilt.

Unsere Fotos zeigen oben unsere Zeitzeugin Petra Weise im Gespräch mit den Schülerinnen und Schülern in der einstigen Hafthalle im früheren Hafttrakt B, außerdem unten unsere wissenschaftliche Leiterin Dr. Steffi Lehmann und unsere wissenschaftliche Mitarbeiterin Kristina Hahn mit unseren Gästen bei den Führungen durchs Haus beziehungsweise auf dem Außenrundgang über das einstige Gefängnisgelände.

Das Zeitzeuginnengespräch wurde mitfinanziert durch Steuermittel auf der Grundlage des von den Abgeordneten des Sächsischen Landtages beschlossenen Haushaltes. Wir danken außerdem Frau Balk, Herrn Wander und Herrn Weidenbach vom Goethegymnasium Auerbach für die freundliche Zusammenarbeit.

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